Weihnachtsbacken, Festliche Verfuehrer

Menge: 1 Text

Zutaten:
Weihnachtsgebaeck
Toni Kaiser Erfasst von Rene Gagnaux

Fuer viele sind Mailänderli, Brunsli, Zimtsterne und anderes
vorweihnachtliches Gebäck so etwas wie die Fahrkarte zum großen
Fest. Damit das Backvergnuegen nicht zu einem nervigen Marathon
ausartet, lohnt sich ein bisschen Planung und das Beachten einiger
wichtiger Backtips.


Der Brauch, in dieser kalten Zeit spezielles Gebäck herzustellen, ist
älter als das christliche Weihnachtsfest und stammt noch aus der
heidnischen Vergangenheit: Es gab bereits Festgebäck zur Zeit der
Wintersonnenwende, die regelmäßig festlich begangen wurde. Die
Gebäcke wurden in verschiedenen Tierformen – in der Symbolik von
Opfertieren – mit Hilfe von hölzernen Backformen gebacken. Als die
heidnischen Völker christianisiert und das Weihnachtsfest auf die
Wintersonnenwende gelegt wurde, behielt man das Festgebäck bei.
Zudem erfuellte es die Funktion, die Seelen noch ungetaufter Kinder
vor dem Zugriff böser Mächte zu schuetzen, indem man die letzteren
ausgiebig mit den suessen Leckereien fuetterte. Oft hatten die
Gebäcke auch Orakelfunktion. Knackten zum Beispiel beim Backen die
Scheiter im Uebermass, so galt das als Zeichen, dass es im Sommer
viele Gewitter geben wuerde. Oder geriet das Brauchtumsbrot zu hell,
wurde der Tod miteingebacken, und es war mit einem baldigen
Begräbnis zu rechnen. Auch unser in Laibform gebackener
Christstollen hat Symbolcharakter und steht fuer das in die weiße
Windel gehuellte Jesuskind in der Krippe.

Herstellung und Interpretation dieser Gebäcke war stets eine Domäne
der (weisen) Frauen – die Männer durften allenfalls mitnaschen.
Selbst leidenschaftliche Hobbyköche ueberlassen daher oft heute noch
Teigschaber, Backpinsel und Ausstechförmchen lieber der Damenwelt.
Und so manchem, dem traditionellen Rollenbild sonst nicht sehr
verbundenen weiblichen Wesen juckt es zuvorderst in den
Fingerspitzen, wenn die Weihnachtstage näher ruecken, und
unvermittelt werden Mutters oder Großmutters Backrezepte aus der
Schublade gekramt, um die Lieben mit dem begehrten Backwerk zu
verzuckern. Was nicht immer so einfach ist, wie es sich anhört,
will man seine ohnehin schon vollgepferchten Vorweihnachtstage nicht
noch mit dem Guetzlibackstress zusätzlich belasten.

Statt am Schluß abgekämpft und lustlos in der Kueche zu sitzen,
lohnt es sich demnach, den Guetzlimarathon – wie jeden realistischen
Langstreckenlauf – einigermassen vernuenftig zu planen, indem man zum
Beispiel einen Back- Fahrplan aufstellt. Nur so lässt sich
verhindern, dass das Guetzlibacken zu einem wirklichen Einkaufs- und
Zubereitungsmarathon ausufert oder am Schluß eine Schuessel Eiweiß
oder Eigelb uebrigbleibt. Manche Teige – bitte immer nur frische
Zutaten verwenden! – können (oder muessen sogar) im voraus
zubereitet werden und halten sich bis fuenf Tage im Kuehlschrank.
Allerdings gilt das nicht fuer locker-luftige Massen mit
steifgeschlagenem Eiweiß (Achtung: weitere Zutaten immer schön
vorsichtig und nach und nach unterruehren, damit der Eiweißschaum
nicht zerdrueckt wird!), und selbstverständlich auch nicht fuer
Backpulverteige; beide muessen immer so schnell wie möglich gebacken
werden.

So ist es nun einmal beim Guetzlibacken: Genauigkeit ist das A und O
und entscheidet schliesslich ueber Erfolg oder Misserfolg. Darum
seien hier einige weitere Tricks verraten.

Am exaktesten lässt sich mit möglichst duennwandigen
Ausstechförmchen ohne allzu kleine Ausformungen arbeiten. Letztere
lösen sich nämlich nur schlecht vom Teig, und beim Backen werden
solche Teigpartien schneller dunkel. Klebt der Teig trotzdem mal
fest, taucht man die Form in Mehl (bei Muerbe-, Lebkuchen- und
Honigteig) oder in Zucker (bei Nuss- und anderem Eiweißteig).

Sehr rationell geht die Arbeit bei Verwendung ganzer Ausstechplatten
von der Hand, und auch der Gebrauch mehrerer Backbleche (evtl. ohne
Rand oder verkehrt herum) sowie von Backpapier lohnt sich. Letzteres
erspart das Einfetten und muehsame Reinigen der Bleche und
ermöglicht das Vorbereiten der nächsten Guetzliladung, die dann
direkt auf das noch heiße Blech gezogen werden kann; dieses dann
sofort in den heißen Ofen geben, sonst zerlaufen die Guetzli, und
die Backzeit leicht reduzieren, da das Blech ja schon heiß ist.

Keinesfalls sollte man Muerbeteig (z.B. Mailänderli, Spitzbuben), der
durch mehrmaliges Auswallen sehr weich und klebrig geworden ist, mit
Mehl verfestigen, sondern ihn mit Vorteil nochmals kurz kalt stellen.
So bleibt der Teig schön muerb und wird nicht hart. Falls
gewuenscht, kann der Zucker bei diesem Teig auch durch fluessigen
kuenstlichen Sueßstoff ersetzt werden, denn der Zucker spielt nur
geschmacklich, nicht aber fuer die Beschaffenheit des Teiges eine
wichtige Rolle.

A propos weich: Teig, der Nuesse und Eiweiß enthält, wird ebenfalls
gerne weich, was meistens an den Eiern liegt. Denn auch kleine Eier
enthalten oft einen großen Eiweißanteil; deshalb das Eiweiß immer
nach und nach beifuegen.

Und schliesslich bestreicht man die Guetzli vor dem Backen mit
Eigelb, das man mit etwas Milch oder Rahm verruehrt hat (es lässt
sich so besser verstreichen), oder man mischt etwas Honig oder Oel
bei, damit das Dekor besonders schön glänzt.

Nach dem Backen sollten die Leckereien noch kurz auf dem Blech oder
Backpapier abkuehlen, allerdings nicht zu lange, da sie sonst gerne
festkleben. Falls dies der Fall sein sollte, das Blech nochmals ganz
kurz in den heißen Ofen geben.

Anschließend das Gebäck vollständig auf einem Kuchengitter(!)
auskuehlen lassen und erst dann zum Aufbewahren in eine gut
verschliessbare Blechdose geben – lagenweise mit Backpapier oder
Pergament unterteilt, falls das Gebäck eine Glasur aufweist, oder
vollständig getrennt, wenn es sich um stark gewuerzte Gebäcke
handelt. Bei harten Guetzli wie Chräbeli legt man zudem einen
Apfelschnitz in die Dose, damit diese nicht noch härter werden.

Uebrigens: Trotz aller Festtagsstressvorsorge sollte man sich dennoch
nicht allzu frueh im Dezember ans Werk machen, da etwa Konfekt und
Pralinen frisch am besten schmecken. Allerdings muss man sich darob
in der Regel keine allzu großen Sorgen machen: So manche Suessigkeit
landet nämlich ohnehin im Munde, bevor sie ueberhaupt den Weg in die
Dose gefunden hat…

Freispruch fuer Ernährungssuenden…

Keine Ernährungssuenden erhalten die gute Laune. Was wir längst
wissen, gibt nun auch die wissenschaft zu. Lust auf Schokolade lässt
sich nicht mit Schrotbrötchen stillen, und der Einkaufszettel kann
ernährungstechnisch noch so ausgetueftelt sein, wenn in der Vitrine
die Schwarzwäldertorte lockt, werden wir (fast) alle schwach.
Ernährungswissenschaftler raten nun, vermehrt auf die Zeichen des
Körpers zu achten. Haben wir Appetit auf Fleisch, so könnte ein
Eisenmangel der Grund dafuer sein. Fehlt uns der Stimmungsmacher
Serotonin, ein Botenstoff in unserm Gehirn, wächst die Lust auf
suesse Suenden. Ab und zu mal genussvoll ueber die Schnur hauen hat
also durchaus seine Berechtigung – und seinen Reiz!

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